Ein Novum im Planungs- und Genehmigungsrecht

Ein Interview mit Franz-Josef Tigges, Rechtsanwalt bei Engemann & Partner Rechtsanwälte mbB und Notare

Franz-Josef Tigges, Rechtsanwalt bei Engemann & Partner Rechtsanwälte mbB und Notare

- Seit 1988 ist er Partner der auf das Recht der Erneuerbaren Energien spezialisierten und bundesweit tätigen Sozietät Engemann & Partner in Lippstadt.

- Spezialisiert auf EE, besonders im Planungsrecht, öffentlichen Baurecht, Immissionsschutz- und Naturschutzrecht

- Er ist langjähriger Vorsitzender des Juristischen Beirats des BWE und gleichzeitig Mitglied im Vorstand des BWE

 

 

Sie sind Mitglied im Juristischen Beirat des BWE und haben langjährige Erfahrung im Bereich des Planungs- und Genehmigungsrechts. Welche Themen verunsichern die Branche aktuell?

Tigges: Der Regimewechsel im EEG hin zum Ausschreibungssystem beschert uns auch für das Planungs- und Genehmigungsrecht ein Novum; denn erstmals werden EEG-Vergütung und BImSchG-Genehmigung in direkte rechtliche Abhängigkeit zueinander gebracht. Die Existenz einer Genehmigung ist zum Teil bereits Voraussetzung dafür, mich überhaupt an einer Ausschreibung zu beteiligen. Wird das bezuschlagte Projekt beklagt und deshalb nicht innerhalb der engen EEG-Fristen realisiert, hat der Investor nicht nur den dadurch bedingten Verzögerungs- oder Ausfallschaden. Er zahlt zusätzlich die beträchtliche EEG-Pönale. Die durch UmwRG und UVPG erweiterten Rechtsschutzmöglichkeiten von Umweltverbänden, aber auch Einzelpersonen rücken damit noch schärfer in den Fokus als bisher.

Nach den Ergebnissen der Uppenkamp Studie steht eine Änderung der LAI Hinweise zum Schallimmissionsschutz aus. Weitere Messkampagnen laufen aktuell. Was steht dabei für Planer und Projektierer von Windparks auf dem Spiel?

Tigges: Die LAI-Hinweise haben für die Genehmigungspraxis einen hohen Stellenwert. Ihre Verschärfung dürften die Planer damit auch in laufenden Genehmigungsverfahren unmittelbar zu spüren bekommen. Werden die Windenergieanlagen auf dem Papier „lauter“, ändert sich nicht nur die durch das im aktuellen Verfahren verfolgte Projekt verursachte Lärmbelastung, sondern auch die zu berücksichtigende Vorbelastung. Das kann im Extremfall dazu führen, dass in ohnehin schon hoch belasteten Bereichen gar nichts mehr geht. Die Auswirkungen auf den Bestand sind gänzlich ungelöst.

Im Natur- und Artenschutz gibt es noch immer zahlreiche rechtliche Grauzonen, beispielsweise bei den Abstandsregelungen. Wie entwickelt sich der Bereich aktuell, und worauf muss sich die Windbranche einstellen?

Tigges: Nach meinem Eindruck jedenfalls nicht darauf, dass sich die Lage entspannt. Dass Klimaschutz eine Bedingung für den Artenschutz ist (und nicht umgekehrt) ist bei vielen Umweltverbänden nicht angekommen. Bei den meisten Bürgerinitiativen sehen wir ohnehin, dass der Artenschutz nur als willkommenes Verhinderungsinstrument missbraucht wird. Die den Genehmigungsbehörden zugestandene „naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative“ bleibt heiß umstritten, da sie Fluch und Segen zugleich sein kann. Dass die fachrechtlichen Vorgaben der Rechtsprechung (Beispiel: „Signifikant erhöhtes Tötungsrisiko“) ihrerseits unpräzise sind und dringend der Nachschärfung bedürfen, macht es nicht besser.

Sie werden als Moderator an der BWE Konferenz Windenergierecht teilnehmen. Auf welche Themen sind Sie besonders gespannt, und was erhoffen Sie sich von der Veranstaltung?

Tigges: Die Antwort ist selbsterklärend: Die Themen spiegeln die aktuellen Brennpunkte. Die Referenten sind ausnahmslos erfahrene Praktiker.

 

Die Jahreskonferenz Windenergierecht bietet Planern und Projektierern umfassende Einblicke in den aktuellen Stand der Rechtsprechung und Erfahrungswerte aus dem Genehmigungsprozess.
Datum: 
04.07.2017 - 05.07.2017
Ort: 
Berlin
VA-Nummer: 
VA 17-01-01