Neue Geschäftsmodelle für die Energiewende entwickeln

Dr. Hans Rüdiger Lange ist Geschäftsführer der neu gegründeten Innovationsregion Lausitz GmbH. Er setzt auch auf die Erneuerbare Energien Branche, um gemeinsam Geschäftsmodelle im sich rasant wandelnden Energiemarkt zu entwickeln. Auf dem Branchentag Berlin Brandenburg stellt er sich erstmals der Branche vor. Im Interview vorab hat er uns verraten, warum es wichtig ist, dass der Branchentag in Potsdam gerade jetzt stattfindet.

Vattenfall zieht sich aus der Lausitz zurück. Wie wirkt sich das in der Region aus?

Lange: Es zeichnet sich ab, dass Vattenfall sich von der Braunkohleverstromung trennt. Das ist aber nur eines verschiedener Symptome des generellen Strukturwandels in der Energiewirtschaft. Aufgrund der niedrigen Strompreise wurden schon in jüngster Vergangenheit Gaskraftwerke, in der Lausitz zum Beispiel eines in Schwarze Pumpe, geschlossen. In den nächsten vier Jahren stehen klimapolitisch motiviert die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken an - zwei Kraftwerksblöcke davon in Jänschwalde . In der Lausitz wollen wir zusammen mit allen Akteuren Antworten finden.

Was Sie beschreiben, ist „Energiewende live“, der Umbau zu dezentralen und regenerativen Strukturen. Was bedeutet das konkret für die Innovationsmöglichkeiten der Region?

Lange: Hier gehen ganz massiv Gewerbesteuern zurück und manche Firmen verzeichnen deutliche Umsatzrückgänge. An den Hochschulen gibt es auch Drittmittelforschung zu Großkraftwerksthemen und es wird hier deutlich schwieriger, künftig solche Mittel einzuwerben. Aber Hochschulen sind ja gerade deswegen so wichtig für eine Region, weil sie nach vorne schauen. Und da sind die BTU Cottbus- Senftenberg sowie die Hochschulen in Zittau und Freiberg in Sachen Energiewende gut unterwegs. Es gibt an der BTU ein Wasserstoffzentrum, Lehrstühle zum Thema Automatisierung, Vernetzte Systeme, Projekte zu Elektromobilität und diversen Optimierungsanwendungen. Unsere Aufgabe als Innovationsregion Lausitz GmbH ist es, die Akteure zusammen zu führen und Chancen zu erschließen.

Die Windbranche will Verantwortung übernehmen, wenn Firmen wie Vattenfall sich zurückziehen. Wo sehen Sie Potenziale?

Lange: Erstens freue ich mich, dass so kurz nach meinem Beginn als Geschäftsführer der Innovationsregion Lausitz der Branchentag in Potsdam stattfindet, damit wir uns kennen lernen und die Suche nach gemeinsamen Ansätzen starten können. Denn um Geschäftschancen zu entwickeln, muss man mit den Unternehmerinnen und Unternehmern selber reden und sehen, welche Chancen diese sehen. Unsere Aufgabe ist es dann, diese Akteure mit anderen Personen und Einrichtungen in der Region zu vernetzen: Welche Projekthemen gibt es? Wo gibt es Marktchancen? Was führt zu mehr Umsatz und Beschäftigung? Das ist auch bei den Erneuerbaren Energien kein Selbstläufer – schon gar nicht in einer spezifischen Region wie der Lausitz. Darum bin ich froh, dass der Branchentag in Potsdam gerade jetzt stattfindet.

Was würden Sie sich wünschen?

Lange: Mein Traum ist es, dass im ersten Schritt zehn Projektideen entstehen, aus denen sich dann drei bis fünf konkrete und wirtschaftliche Projekte entwickeln. Solche Projekte sollten über die Errichtung eines Windparks hinausgehen. Wir brauchen Ideen im Umfeld der Energiewende, die auch zu neuen Geschäftsmodellen und Ansiedlungen in der Region führen. Die Chancen dazu sind gut: Es gibt in der Region große Kompetenzen bei Systemtechnik und Energieprozessen.

Wie wollen Sie den Prozess aufgleisen? Was leistet die Innnovationsregion Lausitz GmbH?

Lange: Ein Innovationsprozess ist keine Planwirtschaft. Aus der Arbeit mit und der Vernetzung unter den Akteuren wird etwas entstehen, das wir heute noch gar nicht absehen können. Darum fokussieren wir uns auf die Akteure. Wir arbeiten intensiv mit den Unternehmerinnen und Unternehmern und bieten beispielsweise Workshops an, um zu sehen, mit welchen zusätzlichen Partnern sich bestehende Geschäftsmodelle weiter entwickeln lassen. Wir haben inzwischen mehrere Workshops mit Unternehmen durchgeführt und bisher 30 bis 40 Projektideen entwickelt. Der Branchentag ist ein weiterer Auftakt für das Kennenlernen der Akteure aus der Erneuerbare Energien Branche und für neue Projektideen extrem wichtig. Ich hoffe, danach können auch wir uns gemeinsam in Bewegung setzen.

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Der 1. Windbranchentag Berlin-Brandenburg ist das zentrale Treffen der brandenburgischen Windbranche zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch mit der Politik und der Windindustrie.
Datum: 
26.05.2016
Ort: 
Potsdam
VA-Nummer: 
VA 16-12-01