Interview mit Doris Lorenz zur Projektinitiative Energiebürger.SH

"Das aktuelle Strommarktdesign kann man keinem Bürger plausibel erklären"

Doris Lorenz arbeitet seit 2005 freiberuflich für die Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein und leitet die Bildungs- und Projektinitiative Energiebürger.SH.

Die Initiative stärkt Bürger, sich vor Ort für die Energiewende zu engagieren und stark zu machen. Neben der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein sind u.a. die Nordkirche, der Landesverband der Volkshochschulen Schleswig-Holstein und zahlreiche Bildungsinstitute Kooperationspartner der Initiative.

Frau Lorenz, was ist das Ziel der Energiebürger SH?

Wir wollen mit unserer Initiative das Ehrenamt der Bürger in Schleswig-Holstein vor Ort in den Städten und Gemeinden stärken. Hierfür veranstalten wir gemeinsam mit den regionalen Volkshochschulen Kurse für „Einsteiger“ und vernetzen diese Gruppen mit Klimaschutzakteuren und der Szene der erneuerbaren Energien. In den anschließenden regionalen Werkstätten werden dann gemeinsam Bürgerprojekte geschmiedet, um in der Region Zeichen für die Energiewende zu setzen.

Wie erklären Sie sich den großen Zulauf von Initiativen, die sich öffentlich gegen die Windenergie stark machen?

Bei jedem aufgeführten Argumentgegen die Windkraft  wie zum Beispiel im Bereich Infraschall oder Vogelschlag bleibt– auch bei den besten Gegenargumenten – zumindest ein leichter Zweifel an der Windkraft hängen. Hinter dem gängigen Argument, dass sich Wenige bereichern, aber alle die Windräder sehen müssen, verbirgt sich vielfach versteckter Neid.  Nach unserer Erfahrung sollte deshalb immer an den Stolz der Bürger appelliert werden: „Wir versorgen uns selbst mit Strom“ und darüber hinaus „Mir gehört ein Teil davon“. Die ersten Gespräche in der Gemeinde sind dabei für die Identifikation mit dem Windpark vor Ort entscheidend.

Was kann die Windenergiebranche für mehr Akzeptanz tun?

Die Bürgerenergie sollte gestärkt werden. Darüber hinaus bedarf es der Einbettung der Windenergie in dezentrale Energieversorgungskonzepte, in denen alle erneuerbaren Ressourcen einer Region für die Erzeugung von Strom, Wärme und Kraftstoffen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollten Angebot und Nachfrage nicht autark, sondern immer auch im Netzverbund gemanagt werden. Eine Herausforderung ist die hohe Komplexität der Themen: Zum Beispiel kann man das aktuelle Strommarktdesign keinem Bürger mehr plausibel erklärt werden.

Was erwarten Sie von dem Windbranchentag vier Wochen vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein, Frau Lorenz?

Mit dem derzeitigen Bau der Übertragungsnetze haben wir Schleswig-Holsteiner unsere Bereitschaft zur Energiesolidarität gezeigt. Jetzt erhoffen wir uns ein Signal, unser großes Potential - die Windenergie – stärker für die nachhaltige Transformation und Entwicklung der Wirtschaft im Land zum Wohle aller Bürger zu nutzen.

Treffen Sie auf dem 2. Windbranchentag Schleswig-Holstein Ministerpräsident Torsten Albig, Energiewendeminister Robert Habeck, Spitzenpolitiker der Landtagsfraktionen und ca. 500 Vertreter der Windenergiebranche.
Datum: 
06.04.2017
Ort: 
Husum
VA-Nummer: 
VA 17-11-01