Interview mit Matthias Rudloff zu Landesraumordnungsprogramm

Thema Raumordnung in Niedersachsen - Stand & Herausforderungen

Herr Rudloff, in Niedersachsen wird derzeit das Landesraumordnungsprogramm neu aufgestellt. Was muss ihrer Meinung nach im LROP verändert werden?

Rudloff: Das LROP hat bereits einige wichtige Weichenstellungen für die Windenergie vorgenommen. Dennoch würde ich mir wünschen, dass Flächen für Großkraftwerke und die Rohstoffgewinnung übergangsweise für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt werden dürfen, sofern die Flächen bei Bedarf weiterhin für den eigentlichen Zweck genutzt werden können. Es ist schon kurios, dass es im Rot-Grün regierten Niedersachsen nicht möglich ist, z.B. am Standort des Kohlekraftwerks in Mehrum Windenergieanlagen zu errichten oder, dass auf Flächen wo vielleicht in 30 bis 50 Jahren Kalkmergel abgebaut werden soll oder bereits abgebaut wurde, keine Windenergieanalgen (WEA) errichtet werden dürfen.

In Ihrem Vortrag auf dem 3. Windbranchentag Niedersachsen-Bremen sprachen Sie davon, dass Niedersachsen das Ziel von 20 Gigawatt Strom aus Windenergie nur erreichen könne, wenn es die ausgewiesenen Flächenverdoppelt. Wie ist dies Ihrer Meinung nach möglich?

Rudloff: Viele Landkreise bleiben in den aktuellen Entwürfen Ihrer Regionalpläne weit unter ihren Möglichkeiten, die bspw. der Windenergieerlass aufgezeigt hat, da ist noch viel Luft nach oben.

Was halten Sie davon, Vorrangflächen für Windenergie im Wald auszuweisen?

Rudloff:  Viele Wälder sind ökologisch nicht hochwertiger als Flächen im Offenland. Deshalb gibt es erst mal keinen Grund, WEA nicht im Wald zu errichten, denn auch zum Thema Brandschutz gibt es vernünftige Lösungen. Waldgebiete haben den Vorteil, dass sie oftmals weiter von Siedlungen entfernt sind und die Sicht auf die WEA im Wald meist stärker eingeschränkt ist, sodass die Beeinträchtigung der Bevölkerung deutlich geringer sein kann als im Offenland. Wenn mit Blick auf den Naturschutz im Genehmigungsverfahren für den speziellen Standort dieselben Standards angelegt werden wie im Offenland, spricht sogar einiges für „Wind im Wald“ - das sehen inzwischen auch viele andere Bundesländer so.

Der niedersächsische Windenergieerlass von 2016 hat im Vergleich zu den RROPs für die Landkreise teils weitaus höhere Flächenpotentiale für Windvorranggebiete ermittelt. Wie kann es zu einer Differenz von teils 50% kommen, wenn das Landesziel 20 GW lautet?

Rudloff: Das Landesziel wurde für das Jahr 2050 formuliert, deshalb müssen nicht bereits im Jahr 2020 alle Flächenziele erreicht werden. Dennoch erscheint es kritisch, dass einige Landkreise in den verbleibenden Zeiten ihre Flächen noch mehr als verdoppeln wollen, zumal ich auch die im WEE genannte Fläche für 20 GW für eher knapp halte.

Was wünschen Sie sich von der Landesregierung im Sinne der Windenergie mit Blick auf die Landtagswahl Anfang 2018?

Rudloff: Niedersachsen ist das Windland Nr. 1 - das zeigt sich an vielen Punkten. Damit das auch so bleibt, wünsche ich mir neben den oben für das LROP genannten Punkten, dass Niedersachsen das 20 GW Ziel auf Bundesebene intensiv einbringt und damit den Ausbaukorridor von 2.800 bis 2.900 MW brutto deutlich nach oben korrigiert. Ein erster Schritt wäre eine Nettobetrachtung, die berücksichtigt, dass ab 2020 eine große Zahl von Altanlagen stillgelegt wird. Außerdem sollte Niedersachsen die Ersatzgeldzahlungen für den Eingriff ins Landschaftsbild mindestens halbieren und  so auf das Niveau anderer Bundesländer senken, damit niedersächsische Projekte in den EEG-Auktionen wettbewerbsfähig bleiben. Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass die Landesregierung in Berlin mit daran arbeitet, die Einschränkungen der Windenergienutzung durch Luftfahrt zu verringern - Stichwort (D)VOR. Auch in Niedersachsen werden zahlreiche in Regionalplänen ausgewiesene Flächen dadurch behindert, in der Region Hannover bspw. fast 60%.

 

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